Das Vertrauen der Schweizer in die Leistungsgesellschaft führt zu einer geringeren Dringlichkeit, Ungleichheit zu bekämpfen
Die Ergebnisse für die Schweiz zeigen ein Land mit einer einzigartigen Perspektive, das sich deutlich von seinen europäischen Nachbarn und dem globalen Konsens unterscheidet. Die Schweizer Bevölkerung glaubt an die Leistungsgesellschaft und definiert Fairness durch die Gewährung gleicher Chancen, was zu einer deutlich geringeren Dringlichkeit von Ungleichheit als drängendes nationales Problem führt.
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Schweizer ihre Gesellschaft als grundsätzlich fair betrachten, in der individuelle Anstrengungen der wichtigste Faktor für den Erfolg sind. Dieses tief verwurzelte Vertrauen in das System unterscheidet sie von den Bürgern der Nachbarländer, die deutlich grössere Besorgnis über systemische Ungleichheit äussern und einen grösseren Handlungsbedarf sehen.
Ein Land mit Vertrauen in die Leistungsgesellschaft
- Laut dem Index stimmen 45 % der Schweizer Bürger zu, dass die Erfolgschancen der Menschen hauptsächlich von ihren eigenen Leistungen und Anstrengungen abhängen. Diese Überzeugung ähnelt der in den Nachbarländern Frankreich (44 %) und Deutschland (43 %).
- Der Kontrast ist am deutlichsten im Vergleich zu Italien, wo nur 34 % der Bevölkerung diese Ansicht teilen und eine Mehrheit (44 %) glaubt, dass Erfolg von Faktoren bestimmt wird, die ausserhalb ihrer Kontrolle liegen.
- In der Schweiz ist nur ein Viertel der Bevölkerung (25 %) der Meinung, dass externe Faktoren der Hauptfaktor für den Erfolg sind, was deutlich unter dem globalen Durchschnitt von 30 % liegt.
- Es besteht eine deutliche Generationskluft: 26 % der Babyboomer stimmen der leistungsorientierten Sichtweise stark zu, gegenüber 11 % der Generation Z. Diese Kluft ist auch weltweit zu beobachten und hat sich seit 2023 verstärkt.
Fairness definiert als Chancengleichheit
Auf die Frage nach einer fairen Gesellschaft wählte die Hälfte der Schweizer (50 %) eine Gesellschaft, in der „alle die gleichen Chancen haben”.
Diese Präferenz für gleiche Startbedingungen ist stärker ausgeprägt als in Frankreich und Italien (jeweils 47 %), wenn auch etwas weniger als in Deutschland (52 %).
Ungleichheit hat keine hohe Priorität
Ungleichheit ist für die Schweizer Bevölkerung kein vorrangiges Anliegen. Nur 35 % der Schweizer Bürger betrachten Ungleichheit als eines der „wichtigsten“ Probleme des Landes.
Damit liegt die Schweiz weit unter dem globalen Durchschnitt von 51 % und unterscheidet sich deutlich von ihren europäischen Nachbarn. In den Nachbarländern Italien (50 %), Frankreich (48 %) und Deutschland (41 %) ist die Besorgnis wesentlich grösser, was eine deutliche kontinentale Kluft hinsichtlich der Dringlichkeit dieses Themas aufzeigt.
Regierungen und Arbeitgeber mit der Verringerung der Ungleichheit betrauen
- Die Schweizer Bürger erwarten vor allem von Regierungen und Arbeitgebern, dass sie Ungleichheit bekämpfen. 48 % sehen die Regierung als Hauptverantwortliche, gefolgt von den Unternehmen mit 28 %.
- Unter jüngeren Bürgern, insbesondere unter 35-Jährigen, gibt es eine ausgeprägte Tendenz, Arbeitgeber als zentrale Figuren zu betrachten, wobei 33 % sie als Hauptakteure bevorzugen. Allerdings sind 57 % der 50- bis 74-Jährigen der Meinung, dass die Regierung für den Abbau von Ungleichheit verantwortlich ist, was auf eine generationsbedingte Kluft in der Wahrnehmung von Verantwortung hindeutet.
- Die USA bilden eine Ausnahme. Dort gibt es eine klare politische Polarisierung und mehr Skepsis gegenüber der Rolle der Regierung. Weniger als die Hälfte der Amerikaner (48 %) sind der Meinung, dass sie Verantwortung für die Bekämpfung der Ungleichheit übernehmen sollte, während weltweit fast zwei Drittel der Befragten (65 %) diese Ansicht teilen.
Ein anderes Verständnis von Behinderung
- Im Vergleich zu den Babyboomern identifizieren sich Angehörige der Generation Z mehr als doppelt so häufig als neurodivergent - z. B. mit Legasthenie, ADHS, Autismus usw. (9 % gegenüber 4 % der Babyboomer) und geben etwa viermal häufiger an, eine kognitive oder Lernbehinderung zu haben (8 % gegenüber 2 % der Babyboomer).
„Die Schweizer erkennen zwar spezifische Probleme wie die Ungleichheit der Geschlechter an, aber ihr Vertrauen in eine leistungsorientierte Gesellschaft ist der entscheidende Unterschied. Dadurch wird sichergestellt, dass der Schweizer Ansatz zur Bekämpfung der Ungleichheit auf die Stärkung der individuellen Chancen ausgerichtet ist und nicht auf systemische Eingriffe, wie sie anderswo in Europa gefordert werden.“ sagt Marcus Burke, Director of ESG & Client Services bei Ipsos Public Affairs.
Technischer Hinweis: Dies sind die Ergebnisse einer Umfrage, die Ipsos zwischen dem 21. Februar und dem 7. März 2025 auf seiner Online-Plattform Global Advisor in 31 Ländern durchgeführt hat. Insgesamt wurden 23.228 Erwachsene befragt. Die Stichprobe umfasst jeweils etwa 1.000 Personen in Australien, Brasilien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, Italien, Japan, Mexiko, Neuseeland, Spanien und den USA sowie jeweils 500 Personen in Argentinien, Belgien, Chile, Kolumbien, Ungarn, Indonesien, Irland, Malaysia, den Niederlanden, Peru, Polen, Singapur, Südafrika, Südkorea, Schweden, der Schweiz, Thailand und der Türkei. Die Stichprobe in Indien umfasst etwa 2.200 Personen, von denen etwa 1.800 persönlich und 400 online befragt wurden. Um die Repräsentativität sicherzustellen, wurden Quoten festgelegt und die Daten anhand des bekannten Bevölkerungsprofils jedes Landes gewichtet.