„Zusammenwachsen, um zusammen zu wachsen“ – Interview mit Dr. Christoph Preuß zum Zusammenschluss von Ipsos und infas auf marktforschung.de

Das Bonner Sozialforschungsinstitut infas wurde von Ipsos im Rahmen einer strategischen Akquisition erworben. Künftig wird infas unter dem kombinierten Markennahmen Ipsos infas am Markt agieren. Dr. Christoph Preuß, Deutschland-Chef von Ipsos, sprach mit der Redaktion von marktforschung.de über den aktuellen Stand der Integration, das weitere Vorgehen und die Zusammensetzung des Management-Teams von Ipsos infas.

Wie ist der aktuelle Stand beim Zusammenschluss von Ipsos und infas? CEO Dr. Christoph Preuß gibt Antworten im Interview mit marktforschung.de.

Herr Preuß, wo steht die Fusion mit infas aktuell und wie sieht der weitere Fahrplan aus?

Christoph Preuß: Der Zusammenschluss ist Anfang des Jahres offiziell vollzogen worden. Nun können wir mit der Arbeit beginnen. Wir haben bisher acht Arbeitsgruppen, sogenannte Workstreams, definiert, die sich z. B. mit den Bereichen Client, Finance, HR oder Marketing befassen. Auch der Bereich Operations spielt hier eine ganz wichtige Rolle. Ein weiterer Fokus liegt auf Legal- und Compliance-Themen, einschließlich gesellschaftsrechtlicher Belange.

In der ersten Arbeitswoche nach dem Closing haben wir ein Townhall-Meeting durchgeführt, bei dem wir rund 700 Kolleg:innen umfassend über die nächsten Schritte informiert haben. Es ist uns im Rahmen der Integration ein besonderes Anliegen, dass sich die Mitarbeitenden von infas von Anfang an eingebunden fühlen. 
 

Unser Ziel ist ein Zusammenschluss auf Augenhöhe. 


Die Kultur und die Kommunikation im gesamten Ipsos infas Team sind, denke ich, genauso wichtig wie ein systematischer Angang. Entscheidend ist die Klarheit in der Kommunikation. Unser Motto lautet "Zusammenwachsen, um zusammen zu wachsen".
 

Können Sie uns noch etwas zum zeitlichen Plan erzählen?

Christoph Preuß: Wir stehen noch am Anfang und haben einen fokussierten 120-Tage-Plan erarbeitet. Zunächst muss die Anbindung und Integration in die System- und Prozesswelt von Ipsos sichergestellt werden. Wichtig in der Integrationsphase ist für uns die konsequente Orientierung am Markt und am Kunden. 
 

Es wurde ja schon kommuniziert, dass Axel Glemser im Management-Team bleibt. Wie sieht es sonst aus? 

Christoph Preuß: Ja, Axel Glemser übernimmt die Verantwortung für das gesamte Public-Affairs-Geschäft bei Ipsos infas. Wir werden unseren Ipsos PA-Geschäftsbereich, der in Berlin ansässig ist, nahtlos in das starke Institutsgeschäft von infas integrieren.

Darüber hinaus sind aktuell keine Änderungen im Institut geplant. Wir halten an der starken Führungsmannschaft von infas fest. Das sind ausgesprochen erfahrene und kompetente Persönlichkeiten und Expert:innen in der Sozialforschung, die einen ausgezeichneten Ruf genießen und bei den Kunden bestens verankert sind. Menno Smid wird uns vorerst beratend zur Seite stehen.
 

Wie wird denn zukünftig der Name lauten?

Christoph Preuß: Nach dem Abschluss der Transaktion wird Ipsos in Deutschland unter dem Namen Ipsos infas firmieren. 
 

Wird bei infas nur der Name geändert oder erfolgt ein Rebranding?

Christoph Preuß: Wichtig ist zunächst, dass wir die beiden Marken zusammenführen und infas künftig unter der Marke Ipsos infas auftritt. Das wollen wir zügig angehen. Derzeit prüfen wir mit den Kommunikationsexpert:innen beider Häuser, wie wir die Marken Ipsos und infas harmonisch zusammenführen können. Und zwar über alle relevanten Kommunikationskanäle hinweg. Maßgeblich hierbei ist die Perspektive unserer Kunden.  

Ein besonders positiver Faktor im Zusammenschluss mit infas liegt in der Nutzung des globalen Netzwerks der Ipsos-Gruppe. Wir verfügen über ein starkes Public-Affairs-Geschäft in Ländern wie den USA, Großbritannien, Belgien und in den Niederlanden. Wir sind überzeugt, dass unser gemeinsames Ipsos infas Geschäft im zentralen Public-Affairs-Geschäft hiervon besonders profitieren wird.
 

Jetzt gibt es zwei Töchter von infas, die bisher nicht so im Fokus waren: Was geschieht mit infas quo und infas 360?

Christoph Preuß: In der infas 360 sind aus unserer Sicht zwei sehr interessante Geschäftsbereiche zusammengefasst, die raum- und zeitbezogene Fragestellungen in Wirtschaft und Wissenschaft adressieren. Der eine Geschäftsbereich ist stark softwaregetrieben und bietet mit dem Kernprodukt EasyMap eine der marktführenden Lösungen im Bereich Geomarketing. Der andere Analytics-Geschäftsbereich bietet moderne Data-Science-Lösungen an und ähnelt inhaltlich unserem starken Analytics-Team bei Ipsos. Hier streben wir mittelfristig eine enge Verzahnung an. 

Bei der infas quo ist es etwas einfacher: infas quo ist in hohem Maße deckungsgleich mit unserer Service Line Market Strategy & Understanding (MSU). Unsere Researcher werden schnell mit den neuen Kolleg:innen von infas auf Augenhöhe zusammenfinden und gemeinsam daran arbeiten, unser MSU-Geschäft, insbesondere im Finanz- und Versicherungssektor,  gezielt auszubauen.

Eine weitere Tochtergesellschaft ist die CATI-LAB. Dieser Bereich ist von zentraler Bedeutung, denn unser Anspruch ist, die gesamte Wertschöpfung abzudecken. Der Zusammenschluss gibt unseren Kunden noch mehr Sicherheit in puncto Qualität, Schnelligkeit und auch Skalierung. Alles aus einer Hand von Ipsos infas. Unser Anspruch ist klar, die führende Markt- und Sozialforschungsmarke in Deutschland zu werden. 
 

Gibt es Standorte, die zusammengelegt werden? 

Christoph Preuß: Wir wollen alle Standorte erhalten, sie ergänzen sich gut. Nur in Nürnberg gibt es eine Überschneidung. Hier hat Ipsos gerade ein neues, modernes Büro bezogen. So besteht die Möglichkeit, dass wir mittelfristig auch räumlich zusammenwachsen.
 

Was passiert mit den strategischen Entwicklungen bei infas, wie zum Beispiel dem Aufbau des Probability-Panels?

Christoph Preuß: Das ist aus unserer Sicht eine der Perlen im infas-Geschäft. Unser Äquivalent ist das Ipsos KnowledgePanel, das wir in einigen Märkten bereits implementiert haben, insbesondere in Europa. Wir hatten ursprünglich geplant, das KnowledgePanel auch in Deutschland aufzubauen, doch nun werden wir diesen Prozess gemeinsam mit infas angehen.
 

Gibt es denn noch weitere Innovationen bei infas, die Sie gerne weiterführen möchten?

Christoph Preuß: Neben dem kundenorientierten Projektansatz hat mich bei infas vor allem die Innovationskraft als einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren begeistert. Unsere infas-Kolleg:innen verfolgen einen sehr konsequent am Kunden orientierten Projektansatz, den wir natürlich fortführen und gemeinsam mit unseren Kunden weiterentwickeln werden. 
 

Die klare marktführende Position im Bereich der Sozialforschung kommt schließlich nicht von ungefähr.


Dieses Interview ist am 24. Januar 2025 auf marktforschung.de erschienen. Das Gespräch mit Dr. Christoph Preuß führten Holger Geißler und Keno Henk.
 

Zur Person

Foto von Dr. Christoph Preuß, CEO von Ipsos DeutschlandDr. Christoph Preuß, Betriebswirtschaftler, leitet seit Januar 2023 als CEO das Geschäft des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos in Deutschland. Zuvor war Preuß bei der GfK als Global Vice President für das globale Marketing und Consumer Insights-Geschäft verantwortlich sowie für Vodafone und die freenet-Gruppe im General Management und leitenden Vertriebs- und Marketing-Funktionen tätig.

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