Wie blicken die Deutschen auf den Krieg in der Ukraine? Eine aktuelle Umfrage von Ipsos gibt Aufschluss.
Wie blicken die Deutschen auf den Krieg in der Ukraine? Eine aktuelle Umfrage von Ipsos gibt Aufschluss.

Ukraine: Deutsche haben wenig Hoffnung auf baldiges Kriegsende – weltweit verhaltener Optimismus

Drei Jahre Krieg, internationale Vermittlungsversuche und nun die Aussicht auf direkte Verhandlungen zwischen Putin und Selenskyj: Die Lage in der Ukraine lässt derzeit keine verlässlichen Prognosen zu. Eine weltweite Ipsos-Umfrage in 29 Ländern zeigt jedoch, dass die Mehrheit in vielen europäischen Ländern es für unwahrscheinlich hält, dass der Krieg noch in diesem Jahr beendet sein wird.

Besonders pessimistisch sind die Deutschen: Fast drei Viertel der Bundesbürger:innen (71 %) glauben nicht an ein baldiges Kriegsende. Damit ist Deutschland in dieser Frage weltweites Schlusslicht vor den Niederlanden (68 %) und Schweden (67 %). Als einzige EU-Nation zeigen sich die Menschen in Italien optimistisch: Hier glauben immerhin 45 Prozent der Bürger:innen an ein Ende des Krieges, nur 39 Prozent halten dies für unwahrscheinlich.
 

Hoffnung auf Kriegsende wächst weltweit – aber kaum bei den Deutschen

In 27 der 29 befragten Länder glauben die Menschen heute eher an ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine als noch vor einem halben Jahr. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist diese Hoffnung in Deutschland seit November 2024 jedoch nur leicht um 3 Prozentpunkte gewachsen. In Frankreich hingegen stieg sie im gleichen Zeitraum um 14 Prozentpunkte, in Großbritannien um 16 Prozentpunkte und in Italien sogar um 22 Prozentpunkte.
 

Angst der Deutschen vor russischem Angriff leicht gesunken

Dass eine fehlende Unterstützung der Ukraine Russland zu weiteren Aggressionen in Europa oder Asien ermutigen könnte, befürchtet nur noch eine knappe Mehrheit der Bundesbürger:innen (58 %). Im Jahr 2022 waren noch drei Viertel (74 %) der Deutschen dieser Ansicht. In anderen NATO-Staaten, insbesondere in Schweden (75 %), Kanada (74 %), Großbritannien (73 %) und Polen (71 %), ist diese Furcht deutlich stärker ausgeprägt. Ungarn ist weltweit das einzige Land, in dem eine knappe Mehrheit (51 %) gegenteiliger Meinung ist.

Gleichzeitig ist in Deutschland – wie auch in anderen europäischen Ländern – die Sorge leicht zurückgegangen, dass militärische Maßnahmen in der Ukraine russische Angriffe auf andere Länder begünstigen könnte. Glaubten dies 2022 noch zwei Drittel der Bundesbürger:innen (66 %), sind es aktuell nur noch 59 Prozent.
 

Militärhilfe polarisiert die politischen Lager

Bemerkenswert: In allen 13 befragten NATO-Staaten sinkt die Bereitschaft der Bevölkerung, anderen souveränen Ländern beizustehen, wenn diese angegriffen werden. In Deutschland spricht sich mit 63 Prozent zwar eine deutliche Mehrheit für eine solche Unterstützung aus, das sind aber 9 Prozentpunkte weniger als noch 2022. In den verschiedenen politischen Lagern wird diese Frage allerdings sehr unterschiedlich bewertet: Während 91 Prozent der Grünen-Anhänger:innen und immerhin je 77 Prozent der Unions- und SPD-Wähler:innen dieser Aussage zustimmen würden, sind es unter der Anhängerschaft der AfD nur 36 Prozent.

Veränderungen zeigen sich auch bei der Einschätzung, ob Deutschland eine militärische Einmischung in der Ukraine vermeiden sollte: Nur noch zwei Drittel der Deutschen (67 %) sind der Meinung, dass sich die Bundesregierung militärisch aus dem Konflikt heraushalten sollte – 2022 waren es noch drei Viertel der Bundesbürger:innen (76 %). Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den politischen Lagern: Während 85 Prozent der AfD-Anhänger:innen und zwei von drei Wähler:innen der Linken (66 %) eine militärische Einmischung ablehnen, tut dies bei den Grünen nicht einmal jede:r Zweite (46 %).
 

Wie blicken die Deutschen auf den Krieg in der Ukraine? Eine aktuelle Umfrage von Ipsos gibt Aufschluss.
 

Blick der US-Amerikaner: Besorgt, aber auch hoffnungsvoll

Auch die Befragten in den Vereinigten Staaten zeigen sich besorgt über die aktuelle Lage: 70 Prozent der US-Bürger:innen befürchten, dass Untätigkeit in der Ukraine Russland zu weiteren militärischen Aktionen ermutigen könnte. Dieser Wert liegt über dem einiger anderer NATO-Staaten wie Frankreich (63 %) und Deutschland (58 %), entspricht aber in etwa der vorherrschenden Stimmung in Kanada und Großbritannien (74 % bzw. 73 %). 37 Prozent der US-Amerikaner:innen erwarten zudem, dass der Krieg noch in diesem Jahr beendet wird, 9 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr unter der Regierung von Joe Biden.
 

Methode

Die Ergebnisse stammen aus der Ipsos-Studie »Global Attitudes to the War in Ukraine«. Für die Online-Umfrage wurden zwischen dem 21. März und dem 4. April 2025 insgesamt 23.216 Personen in 29 Ländern über das Ipsos Online Panel System befragt. In Deutschland waren die Befragten zwischen 16 und 74 Jahre alt, die Stichprobe umfasste rund 1.000 Personen.

Zu den untersuchten Ländern gehören: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Peru, Polen, Schweden, Singapur, Spanien, Südafrika, Südkorea, Thailand, Türkei, Ungarn und USA.

In 17 der 29 befragten Länder ist die Internetdurchdringung so hoch, dass die Stichproben als repräsentativ für die Gesamtbevölkerung in den untersuchten Altersgruppen angesehen werden können – darunter auch Deutschland.

Die Daten wurden so gewichtet, dass die Stichprobenzusammensetzung jedes Landes das demografische Profil der erwachsenen Bevölkerung gemäß den jüngsten Volkszählungsdaten bestmöglich widerspiegelt. 

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