

Führung in Zeiten von KI: Führungskräfte zögern beim Einsatz Künstlicher Intelligenz
Viele Unternehmen und Organisationen in Deutschland sind noch weit von einer flächendeckenden Vorbereitung auf den Umgang mit KI (KI-Readiness) entfernt, und viele Führungskräfte bleiben beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz zurückhaltend. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Liz Mohn Stiftung unter 1.000 Führungskräften aus Wirtschaft, Politik und Kultur in Deutschland.
Nur etwa ein Drittel der Befragten setzt KI bislang regelmäßig für standardisierte Führungsaufgaben wie Kommunikation oder Planung ein. Bei komplexeren Aufgaben wie Konfliktlösung oder Personalentscheidungen kommt Künstliche Intelligenz noch weniger zum Einsatz (23 bzw. 19 Prozent). Verschiedene Faktoren beeinflussen das: Zwar sehen rund 60 Prozent der Befragten Chancen für die Entwicklung einer lernenden Organisationskultur, gleichzeitig befürchten jedoch ebenso viele, dass KI zu einer Kultur der Überwachung und Kontrolle und nicht zuletzt zu einer Abschwächung menschlicher Komponenten in der Führung führt. Es zeigt sich auch: Je nach Komplexität der Führungsaufgabe können sich bis zu 47 Prozent der Führungskräfte einen stärkeren Einsatz vorstellen. Hier sind jüngere Führungskräfte offener: Bereits 51 Prozent von ihnen setzen KI für entsprechende Führungsaufgaben ein.
Kernergebnisse der Studie
Die Studie „Führung mit Künstlicher Intelligenz“ beleuchtet systematisch, wie Führungskräfte KI heute für Führungsaufgaben einsetzen, in welchen Bereichen sie sich eine zukünftige Nutzung vorstellen können, welche Chancen und Risiken sie sehen und wie sich die Führungsrolle im digitalen Wandel verändert. Die Ergebnisse der Studie zeigen:
- KI-Readiness: 41 Prozent der Führungskräfte bestätigen bereits heute eine weit verbreitete KI-Akzeptanz in ihren Organisationen. 28 Prozent hingegen sehen keine weit verbreitete Akzeptanz von KI und 27 Prozent keine aktive Förderung und Umsetzung von KI-Initiativen. Zudem wird KI in ihren Organisationen nicht für datengetriebene Entscheidungen genutzt (27 %), oder als Wettbewerbsvorteil (30 %) wahrgenommen.
- Einsatz bei Führungsaufgaben: Rund ein Drittel der Befragten nutzt KI regelmäßig – vor allem für standardisierbare Führungsaufgaben wie Kommunikation (37 %) und Planung (33 %). Für komplexere Führungsaufgaben wie Konfliktlösung (23 %) oder Personalentscheidungen (19 %) wird KI bislang selten eingesetzt.
- Zukünftiger Einsatz – Skepsis vs. Offenheit: Bezüglich eines zukünftigen KI-Einsatzes bei Führungsaufgaben zeigt sich ein differenziertes Bild. Zwar überwiegt auch hier eine gewisse Zurückhaltung, doch fast die Hälfte der Führungskräfte kann sich einen Einsatz bei Führungsaufgaben grundsätzlich vorstellen – beispielsweise 47 Prozent für Planung und 45 Prozent für Kommunikation. Bei komplexen Führungsaufgaben wie Personalentwicklung (30 %), Konfliktlösung (27 %) oder Personalentscheidungen (23 %) bleibt die Skepsis größer. Gleichzeitig hält gut ein Drittel es für möglich, dass KI bestimmte Führungsaufgaben – etwa Planung (40 %), Kommunikation (36 %) und Kontrolle (34 %) – künftig vollständig übernehmen kann. Demnach betrachten mehr Führungskräfte KI als Ergänzung ihrer Arbeit, denn als Ersatz.
- Sorgen bremsen Einsatz: Rund 60 Prozent der befragten Führungskräfte sehen Chancen, dass KI eine lernende Organisationskultur fördert und die Bereitschaft zur Innovation in der Führungskultur unterstützt. Ebenso viele befürchten, dass KI zu einer Kultur der Überwachung und Kontrolle sowie zu einer Abhängigkeit von Technologien führen, die Bedeutung emotionaler Intelligenz reduzieren und menschliche Komponenten in der Führungskultur abschwächen könnte.
- Generationsunterschiede: Jüngere Führungskräfte zeigen eine deutlich höhere Offenheit gegenüber KI. So nutzen bereits 51 Prozent der befragten 24- bis 34-jährigen Führungskräfte KI für bestimmte Führungsaufgaben.
- Führungsspanne: Es zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Führungsspanne und Nutzungshäufigkeit von KI bei eigenen Führungsaufgaben: Je mehr Mitarbeitende geführt werden (1-4 Mitarbeitende: zwischen 9 % und 22 % gegenüber 50-100 Mitarbeitenden: zwischen 42 % und 56 %), desto häufiger kommt KI zum Einsatz. Auch dort, wo KI strategisch verankert ist, wird sie signifikant häufiger genutzt.
Handlungsempfehlungen: Führung neu denken
Die Studie formuliert konkrete Impulse für Führungskräfte, Organisationen und die Gesellschaft. Führungskräfte sollten ihre Aufgaben kritisch hinterfragen und prüfen, welche Tätigkeiten künftig von KI unterstützt oder übernommen werden können und wo eigene Stärken und Verantwortlichkeiten liegen.
Organisationen sollten Ängste ernst nehmen, Chancen und Grenzen offen kommunizieren und KI gezielt als strategisches Element verankern. Dazu gehört das Schaffen von Rahmenbedingungen, die Vertrauen fördern und eine konstruktive Nutzung ermöglichen.
Gesellschaftlich gilt es, den Dialog über Verantwortung, das Verhältnis zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen sowie den Schutz demokratischer Werte im KI-Zeitalter zu intensivieren. KI verändert die Arbeitswelt grundlegend – hier braucht es gemeinsame Leitlinien, die Sicherheit und Orientierung bieten und den sozialen Zusammenhalt stärken.
Über die Studie
Die Online-Befragung wurde im Januar 2025 durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Kultur in Deutschland im Alter zwischen 24 und 74 Jahren. Ipsos hat die Befragung im Auftrag der Liz Mohn Stiftung durchgeführt.