

Weltweit wachsender Pessimismus – Vertrauen in Politik und Wirtschaft schwindet
Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass sich die Welt zu schnell verändert. In Deutschland sehen 82 Prozent das Veränderungstempo als zu hoch an – 4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Zugleich schwindet der Optimismus: Nur 40 Prozent der Deutschen blicken zuversichtlich auf die eigene Zukunft, 22 Prozent auf das Land und 14 Prozent auf die Welt
Zu diesen Ergebnissen kommt die neunte Ausgabe von Global Trends, der größten und umfassendsten Studie ihrer Art. Die Ipsos-Studie wurde in 43 Ländern durchgeführt und beleuchtet, wie sich Einstellungen und Wertvorstellungen weltweit verändert haben – mit zahlreichen aufschlussreichen Erkenntnissen für Deutschland.
Ein pessimistischer Blick auf Familie, Land und Welt
Nur noch vier von zehn Deutschen (40 %) geben an, für die eigene Zukunft und die ihrer Familie in den nächsten zwölf Monaten positive Erwartungen zu haben. Vor einem Jahr äußerten sich noch 53 Prozent optimistisch – ein Rückgang um 13 Prozentpunkte. Noch pessimistischer als die Deutschen sehen nur die Menschen in Japan (30 %) und Südkorea (37 %) ihrer persönlichen Zukunft entgegen. Aber auch im globalen Durchschnitt ist der Anteil der Optimisten innerhalb eines Jahres um 8 Prozentpunkte auf aktuell 59 Prozent gesunken.
Richtet sich der Blick auf das gesamte Land, sind lediglich 22 Prozent der Bundesbürger:innen optimistisch (-1 pp seit 2024), 45 Prozent sind explizit pessimistisch. Noch schlechter bewerten die Deutschen die Weltlage: Nur 14 Prozent (-2 pp seit 2024) blicken optimistisch auf das nächste Jahr, während sich eine knappe Mehrheit (56 %) skeptisch zeigt. Mit diesen Werten liegt Deutschland deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt (29 %). Am pessimistischsten sind jedoch die Menschen in Frankreich gestimmt: Nur 9 Prozent haben hier positive Erwartungen für die Zukunft der Welt.
Zwar sind 57 Prozent der Bundesbürger:innen der Meinung, dass die Globalisierung gut für Deutschland ist, doch nur 44 Prozent (-3 pp seit 2024) glauben, persönlich davon zu profitieren. Diese globalisierungsskeptische Haltung zeigt sich auch im Einkaufsverhalten: 61 Prozent der Befragten kaufen lieber Produkte deutscher statt ausländischer Herkunft. Am häufigsten ist dies bei älteren Menschen (69 %) sowie bei Personen mit hohem Einkommen (67 %) der Fall.
Weitverbreitete Ansicht: Die Politik regiert am Leben der Menschen vorbei
Mehr als zwei Drittel der Deutschen (68 %) sind davon überzeugt, dass die Bundesregierung den Anliegen der Menschen im Land keine Priorität einräumt – das sind 4 Prozentpunkte mehr als noch im Vorjahr. Besonders verbreitet ist diese Ansicht bei Menschen mit niedrigem Einkommen (83 %). Drei Viertel der Bundesbürger:innen (74 %) befürchten zudem, dass Regierung und öffentliche Dienste in Deutschland auch in den kommenden Jahren zu wenig dazu beitragen werden, den Menschen zu helfen – eine Sorge, die alle Generationen bewegt.
Zunehmende Skepsis gegenüber Wirtschaft und Eliten
Vier von fünf Deutschen (79 %) glauben, dass sich große Unterschiede bei Einkommen und Wohlstand negativ auf die Gesellschaft auswirken. Zwei Drittel der Bundesbürger:innen (66 %) halten die Wirtschaft in Deutschland zudem für manipuliert, sodass die Reichen und Mächtigen am meisten profitieren. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser Wert um zwei Prozentpunkte gestiegen. Auch das Vertrauen in die Aufrichtigkeit deutscher Unternehmensführungen ist gering: Nur 27 Prozent (-5 pp seit 2024) glauben, dass sie die Wahrheit sagen, 62 Prozent sind anderer Ansicht. Zugleich sehen 79 Prozent der Menschen in Deutschland Unternehmen in der Pflicht, nicht nur Gewinne zu erzielen, sondern auch einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Bei der Einwanderung scheiden sich Generationen und Geister
70 Prozent der Befragten in Deutschland sind der Meinung, dass es zu viele Eingewanderte in Deutschland gibt – ein Anstieg von 6 Prozentpunkten im Vergleich zu 2024. Besonders ausgeprägt ist diese Ansicht bei älteren Menschen (77 %) und Personen mit niedrigem Bildungsniveau (81 %). Der Aussage, dass Migration auch positive Folgen für die Gesellschaft habe, stimmen hingegen nur 39 Prozent der Deutschen (-4 pp seit 2024) zu, darunter lediglich 12 Prozent der Befragten mit niedrigem Bildungsniveau. Unter jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren (53 %) sowie Personen mit hohem Bildungsniveau (54 %) sieht jedoch eine knappe Mehrheit durchaus positive Folgen der Migration. Etwas mehr als die Hälfte (55 %) der Bevölkerung fühlt sich nach eigener Aussage inzwischen fremd im eigenen Land, 40 Prozent teilen diese Ansicht nicht. Je höher Bildungsabschluss und Einkommen, desto weniger Zustimmung findet diese Haltung.
Klimakrise: Breiter Konsens, dass etwas geschehen muss – aber keine persönlichen Entbehrungen
Weitgehende Einigkeit über alle Geschlechter, Generationen und Bildungsniveaus hinweg herrscht im Hinblick auf den Klimawandel: Mehr als drei Viertel der Deutschen (77 %) sind der Ansicht, dass wir unsere Gewohnheiten dringend ändern müssen, um eine drohende Umweltkatastrophe abzuwenden. Die eigene Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel wird dagegen nur selten gesehen. Eine Mehrheit von 59 Prozent der Bundesbürger:innen ist der Überzeugung, bereits alles zu tun, was in ihrer Macht steht, um die Umwelt zu retten.
Nationalstolz in Deutschland nicht weit verbreitet – und vorwiegend Männersache
Nur 39 Prozent der Deutschen sind sehr stolz auf ihr Land, fast die Hälfte der Befragten (49 %) behauptet das Gegenteil, der Rest ist unentschieden. Dieser Wert liegt deutlich unter dem globalen (65 %) und EU-weiten Durchschnitt (59 %). Auffallend ist zudem die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern und Einkommensklassen: Während sich 47 Prozent der deutschen Männer und 45 Prozent der Gutverdiener als stolze Patrioten bezeichnen, sind es bei den Frauen lediglich 31 Prozent und bei den Geringverdienern 30 Prozent.
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Methode
Dies sind die Ergebnisse der Ipsos-Studie Global Trends. Für die neunte Ausgabe dieser Studie wurden zwischen dem 23. Mai und dem 6. Juni 2025 insgesamt 33.083 Personen in 43 Ländern über die Online-Plattform „Global Advisor“ befragt. In Deutschland waren die Befragten zwischen 16 und 74 Jahre alt, die Stichprobe umfasste rund 1.000 Personen.
Zu den 43 befragten Ländern gehören neben Deutschland: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Indien, Indonesien, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Kroatien, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Österreich, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Singapur, Spanien, Südafrika, Südkorea, Thailand, Türkei, Ungarn, USA, Vereinigte Arabische Emirate und Vietnam.
Die Daten wurden so gewichtet, dass die Stichprobenzusammensetzung jedes Landes das demografische Profil der erwachsenen Bevölkerung gemäß den jüngsten Volkszählungsdaten bestmöglich widerspiegelt. In 20 der 43 befragten Länder ist die Internetdurchdringung ausreichend hoch, um die Stichproben als repräsentativ für die Gesamtbevölkerung der untersuchten Altersgruppen anzusehen – darunter auch Deutschland.