Misstrauensvotum der europäischen Wähler: Nationale Politik erhält wenig Rückhalt

Währungskrise, Austerität, Flüchtlingskrise, Brexit und Krieg an den Grenzen - die Europäische Union durchlebt ihre wohl krisenreichste Epoche.

Wie bewerten Wähler die Arbeit ihrer Regierungen und vertrauen sie der hohen Politik, ihr Land sicher durch diese turbulente Zeit zu navigieren? Lediglich knapp drei von zehn Franzosen (28%) glauben, dass die aktuelle Regierung Politik mache, die gut für Frankreich sei. Dies ergab eine internationale Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos.

Auch in Spanien (31%), Italien (33%) und Ungarn (37%) denkt nur ein geringer Teil der Wähler, die Entscheidungen ihrer Regierungen hätten positive Auswirkungen auf ihr Land. In Deutschland und Schweden urteilen die Befragten wohlwollender: 47 Prozent der Deutschen und 49 Prozent der Schweden trauen der Regierung zu, gute Politik für ihr Land zu machen. Und auch in Belgien sind es immerhin 43 Prozent.

Großteil der Europäer denkt, die Politik der Regierung sei schlecht für ihr Land

 

Die Wähler fühlen sich nicht verstanden

Die Studie zeigt zudem, dass, nach Meinung der Bürger, nationale Regierungen die ‚Tuchfühlung‘ mit der Stimmung im Land verloren haben. Fast drei Viertel (72%) der Franzosen und zwei Drittel der Spanier (69%), Ungarn (68%) und Italiener (68%) denken, ihre Regierung würde die Stimmung im Volk nicht verstehen. In Deutschland trauen immerhin vier von zehn (41%) Befragten der Bundesregierung zu, ein Gefühl für die Lage im Land zu haben. In Polen sind es sogar 46 Prozent der Wähler. Trotz der Kritik seitens der EU und internen politischen Konflikten denken die Hälfte der Türken (51%) Erdoğan nehme die Stimmung im Land wahr. In Russland ist das Vertrauen in die Volksnähe Putins sogar noch größer: 69 Prozent bescheinigen ihm, auf Tuchfühlung mit dem Befinden des Volkes zu sein.

Europäer denken, Poiltiker hätten kein gefühl für die Stimmung im Land

 

Dr. Robert Grimm, Associate Director bei Ipsos Public Affairs, zu den Ergebnissen: „Das mangelnde Vertrauen in die Politik, sowie die Einschätzung, die Regierung nehme die Stimmung im Land nicht wahr, lassen zukünftig auf neue politische Spannungen schließen. Anhaltende Unzufriedenheit mit den politischen Eliten, die die Unsicherheiten der Bürger nicht zu verstehen scheinen und versäumen auf diese einzugehen, wird dazu führen, dass sich mehr und mehr Bürger den Extremen des politischen Spektrums zuwenden. Diese Tendenz lässt sich besonders in Deutschland nachweisen wo die Volksparteien der Großen Koalition seit 2013 gravierend zu Gunsten der AfD an Zustimmung verloren haben.“

 

Steckbrief


Diese Ergebnisse stammen aus einer Ipsos Global@dvisor Studie, die zwischen dem 20. Mai und 3. Juni 2016 durchgeführt wurde. Für die Studie wurde eine internationale Stichprobe von 17.026 Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren in den USA und Kanada und zwischen 16 und 64 Jahren in allen anderen Ländern befragt. Insgesamt wurde die Studie in 24 Ländern durchgeführt: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Malta, Mexiko, Peru, Polen, Russland, Schweden, Südafrika, Südkorea, Spanien, Türkei, Ungarn, USA. Pro Land wurden ca. 1000 Personen über das Ipsos Online Panel befragt, mit der Ausnahme von Argentinien, Belgien, Indien, Malta, Mexiko, Peru, Polen, Russland, Schweden, Südafrika, Südkorea, Türkei und Ungarn, wo jeweils ca. 500 Personen befragt wurden. Die Daten wurden anhand der jeweils aktuellsten Zensusdaten nach demographischen Merkmalen gewichtet, um eine Annäherung an die Grundgesamtheit zu gewährleisten.

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