Politische Meinungslage in Deutschland (Mai bis August 2023)

Jeden Monat erhebt das Ipsos Institut für Politik- und Sozialforschung die Wahlabsichten und die Zufriedenheit der Wahlberechtigten mit deutschen Politiker:innen, die Wichtigkeit und den Polarisierungsgrad politischer Themen in der Bevölkerung sowie das Wählerpotenzial und die Wählerbindung der im Bundestag vertretenen Parteien. In diesem Report haben wir die politische Meinungslage in Deutschland zwischen Mai und August 2023 im Zeitverlauf zusammengefasst und grafisch aufbereitet. Sämtliche Daten wurden in unabhängiger Eigenforschung durch Ipsos erhoben und ausgewertet.

Deutscher Bundestag

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Nachdem sich im April noch ein gleiches Kräfteverhältnis zwischen der Regierung und Opposition eingestellt hatte, fallen die Parteien der Ampelkoalition seit Mai bei der Sonntagsfrage deutlich hinter die Opposition zurück. Bereits im Mai trennten Opposition und Ampel 8 Prozentpunkte und im August liegt die Regierung nun sogar 13 Punkte hinter der Opposition. Während die Opposition mittlerweile 53 Prozent der Wähler:innen von sich überzeugen kann, würden nur noch 40 Prozent eine der drei Ampelparteien wählen.

Diese Entwicklung wird zumindest zum Teil durch Verluste bei der SPD getrieben und auch die Grünen mussten seit April 2 Prozentpunkte einbüßen. Gleichzeitig hält sich die Union durchgängig als stärkste Kraft mit zuletzt 26 Prozent im August, wobei auch sie nach einem Höchstwert von 29 Prozent im Mai wieder einige Wählerstimmen verloren hat. Größter Gewinner der letzten Monate ist hingegen die AfD, die im Juli an der SPD vorbeigezogen ist und somit nun nach der Union die zweitstärkste Kraft ist. Seit April konnte sie sich von 15 auf 22 Prozent steigern. FDP und Linke können ihre Wählerschaft seit Mai derweil auf niedrigem Niveau relativ stabil halten. 

Die Analyse der Wählerbindung der Parteien seit der Bundestagswahl 2021 zeigt zudem, dass SPD und FDP seitdem rund die Hälfte ihrer ehemaligen Wählerschaft verloren haben, während Union, Grüne und Linke rund 70 Prozent ihrer damaligen Wähler:innen weiterhin von sich überzeugen können. Deutlich hervor sticht auch hier die AfD, die seit der letzten Bundestagswahl nahezu keine Verluste davonträgt. 90 Prozent derjenigen, die 2021 die AfD gewählt haben, hätten dies auch zwischen Mai und August 2023 getan.  

Die Ampelparteien verlieren darüber hinaus nicht nur bezüglich ihrer Wählerbindung, sondern auch beim erweiterten Wählerpotenzial. Während sich zwischen Mai und August 2022 noch 47 Prozent der Deutschen vorstellen konnten, die SPD zu wählen, können dies ein Jahr später nur noch 35 Prozent. Bei den Grünen ist ein ähnlicher Verlust von 39 auf 27 Prozent zu erkennen und auch bei der FDP fällt das erweiterte Wählerpotenzial im Vergleich zum Vorjahr von 31 auf 23 Prozent. Musste die Union im vergangenen Jahr ebenfalls leichte Verluste verbuchen, hält sie sich seit Anfang 2023 nun stabil bei 39 Prozent und liegt damit auf dem ersten Platz. Die Linke verliert hingegen ähnlich stark wie die Ampelparteien und fällt seit Anfang 2023 mit einem erweiterten Wählerpotenzial von zuletzt 18 Prozent zwischen Mai und August auf den letzten Platz hinter die AfD. Die AfD ist hingegen die einzige Partei, die Gewinne davonträgt, und sich im Vergleich zum Vorjahr von 23 auf 25 Prozent leicht steigern kann. 

Unverändert sind außerdem weitaus mehr Menschen sehr unzufrieden als sehr zufrieden mit der Arbeit von Olaf Scholz als Kanzler und der Regierung als Ganzes. Im Vergleich zu den ersten vier Monaten des Jahres, in denen sich eine relative Stabilität auf niedrigem Niveau abgezeichnet hatte, sinkt die Zufriedenheit mit dem Kanzler und der Ampelregierung jedoch seit Mai wieder leicht. Im August 2023 ist nur noch gut ein Viertel der Wahlberechtigten zufrieden mit Scholz bzw. der Regierung, wobei Scholz 2023 stets leicht besser bewertet wird als die Regierung als Ganzes. 

Auch bei der Bewertung der Arbeit der einzelnen Minister:innen überwiegt die Unzufriedenheit deutlich. Bei der Netto-Zufriedenheit bewegt sich im Juli 2023 nur Verteidigungsminister Boris Pistorius mit einem Wert von 0 nicht im negativen Bereich und ist somit mit Abstand der beliebteste Minister. Auf den letzten Platz rutscht derweil Wirtschaftsminister Robert Habeck, der innerhalb eines Jahres 54 Zufriedenheitspunkte verloren hat und nur noch rund jede:n zehnte:n Deutsche:n von sich überzeugen kann. Neben ihm verlieren jedoch im Vergleich zum Vorjahr auch alle anderen Kabinettsmitglieder deutlich auf der Zufriedenheitsskala.

Bei der Frage nach dem wichtigsten politischen Thema der Deutschen steht die Inflation auch 2023 in bislang jedem Monat mit klarem Abstand an der Spitze. Dahinter rangiert stets der Klimaschutz auf Rang zwei mit einer kurzen Unterbrechung im Januar, als die Deutschen Armut als wichtigeres Thema einstuften. Während Einwanderung 2022 noch als relativ unwichtig erachtet wurde, schreiben dem Thema 2023 zudem immer mehr Wahlberechtigte Bedeutung zu, sodass es seit Juni 2023 stabil auf Platz drei liegt. Die genannten Themen unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrem Polarisierungsgrad. Das Thema Inflation ist nicht polarisiert und ähnlich hohe Anteile der Anhänger:innen aller Parteien empfinden das Thema als sehr wichtig (Polarisierungsgrad 9 auf einer Skala von 0 bis 100). Ob Klimaschutz und Einwanderung als wichtig erachtet werden, hängt hingegen stark von der Parteipräferenz ab. So spielt das Thema Klimaschutz insbesondere für Unterstützer:innen der Grünen eine Rolle, jedoch deutlich weniger für die der anderen Parteien (Polarisierungsgrad: 39 von 100). Ähnlich ist es beim Thema Einwanderung, das insbesondere von Anhänger:innen der AfD als wichtig erachtet wird (Polarisierungsgrad: 45 von 100). 

Informationen zur Methodik der Studie befinden sich zusammen mit sämtlichen weiteren Studienergebnissen im kostenlos downloadbaren PDF-Report.

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