Internationaler Frauentag 2025: 62% der Österreicher:innen nehmen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern wahr
Ipsos-Studie zum Internationalen Frauentag: Nur eine knappe Mehrheit der Befragten (51%) in Österreich der Meinung, dass sowohl Männer als auch Frauen von der Gleichstellung der Geschlechter profitieren.

Wien, 6. März 2025 – Die groß angelegte Ipsos-Studie zum Weltfrauentag zeigt, wie unterschiedlich die Meinungen zur Gleichstellung der Geschlechter sind – nicht nur in Österreich. Spannende Vergleiche ermöglichen die Daten einer globalen Ipsos-Studie, die anlässlich des Internationalen Frauentags in Österreich und 30 weiteren Ländern durchgeführt wurde.
Key Insights der Studie in Österreich:
- 62% der Österreicher:innen nehmen soziale, politische und wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern wahr
- Knapp jede:r Zweite (47%) in Österreich geht davon aus, dass Frauen am Arbeitsplatz schlechter behandelt werden als Männer; 42% sehen auch strukturelle Benachteiligungen von Frauen durch politische Parteien und 39% durch die Regierung
- 37% der Österreicher:innen sind der Meinung, dass für die Gleichstellung von Männern und Frauen hierzulande schon genug getan wurde – im globalen Durchschnitt sind es 50%
- Nur die Hälfte der Befragten (51%) in Österreich ist der Meinung, dass sowohl Männer als auch Frauen von der Gleichstellung der Geschlechter profitieren
GLEICHSTELLUNG DER GESCHLECHTER: (K)EIN GEMEINSAMER WEG?
Die Ergebnisse der Befragung rund um das Thema Gleichstellung in Österreich zeigen besonders deutlich, wie unterschiedlich die Sichtweisen zwischen den Geschlechtern ausgeprägt sind. In allen wesentlichen Themenbereichen der Befragung, die die Gleichstellung in Österreich betreffen, herrscht Uneinigkeit unter den Geschlechtern. Während Männer die Fortschritte der letzten Jahre häufig bereits als ausreichend und positiv bewerten, sehen Frauen in der Regel noch immer große Hürden auf dem Weg zu echter Gleichstellung in der Gesellschaft. Das wirft die Fragen auf, ob, wann und wie in Österreich ein gemeinsamer Weg in Richtung Gleichstellung möglich ist.
Selbst bei grundlegenden Fragen herrscht Uneinigkeit beim Thema Gleichstellung: generell erkennt eine Mehrheit der österreichischen Bevölkerung (62%) soziale, politische und wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern an, wobei Frauen (72%) diese Ansicht deutlich häufiger teilen als Männer (53%). 30% der Bevölkerung nehmen hingegen (eher) keine Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern wahr – in dieser Gruppe überwiegt der Anteil der Männer deutlich.
Wird konkret danach gefragt, wie Frauen im Alltag behandelt werden, dann wird vor allem eine Benachteiligung von Frauen im Berufsleben empfunden: beinahe jede:r Zweite (47%) in Österreich geht davon aus, dass Frauen am Arbeitsplatz schlechter behandelt werden als Männer; nur ein Drittel sieht dort keine Ungleichbehandlung. Dass Frauen im Arbeitsumfeld besser behandelt werden als Männer, ist ein fast ausschließlich unter Männern verbreiteter Gedanke (14% vs. 2%). Strukturell benachteiligt werden Frauen in der öffentlichen Meinung aber auch von der Politik, sowohl von den politischen Parteien (42%) als auch von der Regierung (39%).
„Ein klarer Auftrag an die politischen Entscheidungsträger:innen im Land, diesem Eindruck durch entschlossene Maßnahmen zur Gleichstellung in der neuen Legislaturperiode entgegenzuwirken und dadurch das Vertrauen zu stärken“ so Raphaela Baier, Studienleiterin bei Ipsos in Österreich zu den Ergebnissen.
Denn nur 37% der Österreicher:innen sind der Meinung, dass für die Gleichstellung von Männern und Frauen hierzulande schon genug getan wurde. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt zudem: Im Schnitt der Ergebnisse aus 30 weiteren Ländern ist bereits jede:r zweite Befragte (50%) der Ansicht, dass für die Gleichstellung von Männern und Frauen im eigenen Land bereits genug getan wurde – ein weiteres Indiz für den Aufholbedarf in Österreich.
FEMINISMUS: STIGMA STATT ZUKUNFTSVISION?
Obwohl sich eine große Mehrheit der Österreicher:innen (86%) traut, mit ihrer Meinung die Gleichstellung der Geschlechter zu vertreten, befürchten besorgniserregende 14% dadurch negative Konsequenzen. Besonders bei jungen Erwachsenen ist die Hemmschwelle hoch: 30% der Gen-Z geben an, dass sie ihre Meinung zur Gleichstellung der Geschlechter nicht ohne Bedenken äußern können. Offen nach den konkret befürchteten Konsequenzen gefragt, nannten Befragte „Ausgrenzung“, „Spott“ und „Anfeindungen“, bis hin zur Angst vor dem „Verlust des Arbeitsplatzes“. Die Befürchtung, als „radikal“, „aggressiv“ oder als „Feminist:in abgestempelt zu werden“, stellt ebenfalls ein genanntes Hindernis für eine offene Meinungsäußerung dar.
Im Zeitvergleich ist zu beobachten, dass die Identifikation mit dem Begriff „Feminismus“ generell rückläufig ist: Aktuell bezeichnen sich nur noch 30% der Österreicher:innen zwischen 18 und 74 Jahren als Feminist:in. Der Vergleich mit den Vorjahren (2024: 33%, 2023: 35%) zeigt einen kontinuierlichen Rückgang der Identifikation mit diesem Begriff. Österreich liegt damit unter dem globalen Durchschnitt: 38% der Befragten aus 30 Ländern der globalen Ipsos-Studie gaben an, sich als Feminist:in zu definieren.
WO EIN WILLE IST, IST AUCH EIN WEG – NUR WELCHER?
Nur 4 von 10 Österreicher:innen sehen Möglichkeiten selbst aktiv etwas zur Gleichstellung zwischen Männern und Frauen beizutragen. Gleichzeitig meint ein Viertel der Bevölkerung (25%), selbst nicht wirklich etwas bewirken zu können, einem Fünftel (20%) fehlt das generelle Interesse am Thema oder schlichtweg das Wissen über mögliche Handlungsoptionen (14%).
Die Notwendigkeit des männlichen Engagements für das Erreichen von Gleichstellung wird von 63% der Österreicher:innen anerkannt – Frauen (70%) sprechen sich besonders häufig dafür aus. Hingegen ist aber jeder zweite Mann (46%) und jede vierte Frau (26%) in Österreich der Ansicht, dass von Männern diesbezüglich zu viel erwartet wird. Ein Widerspruch, der dringend gelöst werden muss, um Fortschritte zu erreichen.
Generell ist nur eine knappe Mehrheit der Befragten (51%) in Österreich der Meinung, dass sowohl Männer als auch Frauen von der Gleichstellung der Geschlechter profitieren. 23% sehen in einer Geschlechtergleichstellung hauptsächlich einen Vorteil für Frauen, 14% der Befragten zweifeln sogar grundsätzlich daran, dass überhaupt jemand von einer Gleichstellung der Geschlechter profitiert.
„Die Gleichstellung der Geschlechter bietet Chancen und Vorteile für alle, doch diese Botschaft ist in Österreich noch nicht ausreichend verankert. Die Ergebnisse unserer aktuellen Studie zeigen deutlich, dass noch viel Aufklärungsarbeit notwendig ist, um alle davon zu überzeugen, gemeinsam auf eine wirklich gleichberechtigte Gesellschaft hinzuarbeiten“ so Baier abschließend zu den Ergebnissen der weltweiten Studie von Ipsos zum Internationalen Frauentag.
Weitere Befragungsergebnisse der globalen Ipsos-Studie finden Sie unter: https://www.ipsos.com/en