World Refugee Day: Akzeptanz gegenüber Flüchtlingen steigt in Deutschland deutlich an

Mehr als drei Viertel aller Bundesbürger (76%) befürworten die Aufnahme von Flüchtlingen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen. Das ist das Ergebnis einer internationalen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsunternehmens Ipsos, die anlässlich des Weltflüchtlingstags durchgeführt wurde. Letztes Jahr waren hierzulande noch deutlich weniger Befragte der Überzeugung, dass schutzbedürftige Personen grundsätzlich das Recht haben sollten, in Deutschland Zuflucht zu suchen (57%). Auch in vielen anderen Ländern scheint sich das gesellschaftliche Klima gegenüber Asylsuchenden im Vergleich zum Vorjahr etwas gebessert zu haben.

Weltweit mehr Akzeptanz fürs Grundrecht auf Asyl
Global gesehen vertreten inzwischen mehr als sieben von zehn Befragten (72%) die Ansicht, dass man Schutzbedürftigen, die aus ihren Herkunftsländern geflohen sind, ihr Grundrecht auf Asyl nicht verwehren darf. Das entspricht einem Anstieg von immerhin elf Prozentpunkten im Vergleich zu einer Ipsos-Erhebung im Jahr 2019. Besonders stark hat der Grad an Zustimmung in Japan (+46%), Frankreich (+25%) und Belgien (+21%) zugenommen. Am höchsten ist die Akzeptanz für das Grundrecht auf Asyl momentan jedoch in Schweden (81%), den Niederlanden (80%) und Spanien (79%), am niedrigsten in Malaysia (60%), Ungarn (57%) und Südkorea (55%).

Mehr Zutrauen in die Integrationsfähigkeit von Flüchtlingen
Ebenfalls angestiegen ist das Zutrauen der Menschen in die Integrationsfähigkeit von Asylsuchenden – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. Hierzulande zeigt sich etwa jeder dritte Befragte (35%) zuversichtlich, dass sich die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, erfolgreich in ihre neue Gesellschaft integrieren werden (+4%). Eine knappe Mehrheit der Deutschen äußert sich diesbezüglich allerdings skeptisch (54%). Global gesehen sind die Menschen zumindest etwas optimistischer, dass eine erfolgreiche Integration der Flüchtlinge gelingen kann (45%).

Mehrheit zweifelt an den Fluchtgründen von Asylsuchenden
Viele Befragte zweifeln aber nicht nur an der Integrationsfähigkeit der Geflüchteten, sondern stellen darüber hinaus auch die Fluchtgründe der Asylsuchenden in Frage. Beinahe sechs von zehn Deutschen (58%) stimmen der Aussage zu, dass die meisten Asylsuchenden, die als Geflüchtete nach Deutschland einreisen wollen, in Wahrheit gar keine Flüchtlinge sind, sondern vor allem aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Nur jeder dritte Bundesbürger (34%) widerspricht dieser Aussage.

Weniger Deutsche befürworten Grenzschließungen
Beim Thema Grenzschließungen herrscht ebenso Uneinigkeit. Rund vier von zehn Deutschen (39%) sind der Ansicht, dass die Bundesrepublik momentan keine Flüchtlinge aufnehmen kann und die Grenzen für Asylsuchende entsprechend geschlossen werden sollten, eine knappe Mehrheit (51%) stimmt dem nicht zu. Interessanterweise wurden Grenzschließungen für Flüchtlinge bei der letzten Erhebung im Jahr 2019 – und somit vor dem Ausbruch des Coronavirus – noch deutlich häufiger befürwortet als heute (45% Zustimmung vs. 41% Ablehnung).

Sollte Flüchtlingshilfe wegen Corona verringert werden?
Angesichts der gegenwärtigen Corona-Krise sind die Meinungen darüber, wie umfangreich die staatliche Unterstützung von Flüchtlingen derzeit sein sollte, in der Bevölkerung geteilt. Mehr als jeder dritte Deutsche (34%) ist der Ansicht, dass die Bundesregierung die Ausgaben für die Unterstützung von Flüchtlingen in der aktuellen Situation senken sollte. Vier von zehn Befragten (43%) denken, dass die Ausgaben für Flüchtlinge auch während der Pandemie gleichbleiben sollten, nur eine Minderheit der Deutschen (12%) fordert in der aktuellen Situation eine Erhöhung der Flüchtlings- und Entwicklungshilfe.
 

Infografik Refugee Day

Methode
Die Ergebnisse stammen aus der Global Advisor-Studie »World Refugee Day. Global attitudes towards refugees«, die vom 22. Mai bis zum 05. Juni 2020 in 26 Ländern durchgeführt wurde. Bei der Online-Befragung wurden weltweit insgesamt 17.997 Personen interviewt. In Kanada, Südafrika, der Türkei und den USA waren die Befragten zwischen 18 und 64 Jahre alt, in allen anderen untersuchten Ländern zwischen 16 und 64 Jahren. 

In Australien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Spanien und den USA wurden jeweils etwa 1000 Personen befragt. In Argentinien, Belgien, Chile, Indien, Malaysia, Mexiko, den Niederlanden, Peru, Polen, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Südafrika, Südkorea, der Türkei und Ungarn umfasste die Stichprobe etwa 500+ Personen.

In 16 von insgesamt 26 untersuchten Nationen können die Stichproben als repräsentativ für die erwachsene Bevölkerung unter 75 Jahren angesehen werden: Argentinien, Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Polen, Schweden, Spanien, Südkorea, Ungarn und USA.

Die Stichprobe in Brasilien, Chile, Indien, Malaysia, Mexiko, Peru, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und der Türkei ist städtischer, gebildeter und/oder wohlhabender als die Allgemeinbevölkerung und sollte so betrachtet werden, dass sie die Ansichten der stärker "vernetzten" Bevölkerungsgruppe widerspiegelt.

Die Daten werden so gewichtet, dass die Stichprobenzusammensetzung jedes Marktes das demografische Profil der erwachsenen Bevölkerung gemäß den neuesten Volkszählungsdaten am besten widerspiegelt.

Wenn die Ergebnisse sich nicht auf 100 aufsummieren, liegt das an Rundungen durch die computerbasierte Zählung, erlaubte Mehrfachnennungen oder dem Ausschluss von „weiß nicht/keine Angabe“ Nennungen.

Ähnliche Inhalte

  • Wie beurteilen die Deutschen ihr Gesundheitssystem? Laut einer Ipsos-Studie halten nur noch 42 Prozent die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland für gut – ein Rückgang um 14 Prozentpunkte seit 2018.

    Steigende Impfskepsis, mehr Pessimismus: So sehen die Deutschen das Gesundheitssystem

    Die Impfskepsis nimmt weiter zu. Nur noch die Hälfte der Deutschen (49 %) befürwortet eine Impfpflicht bei ernsthaften Infektionskrankheiten. Vor der Corona-Pandemie im Jahr 2018 lag der Anteil der Befürworter:innen in Deutschland noch bei 62 Prozent. Rund ein Viertel (24 %) der Bevölkerung spricht sich dagegen aus – lediglich in Ungarn ist die Impfskepsis mit 25 Prozent noch etwas höher. Besonders deutlich ist der Rückgang bei den älteren Befragten zwischen 50 und 74 Jahren (49 %, -15 pp seit 2018). In dieser Altersgruppe war die Zustimmung zur Impfpflicht im Jahr 2018 mit 64 Prozent noch am höchsten.
  • Entdecke Ipsos Global Trends – die größte öffentliche Umfrage ihrer Art

    Ipsos Global Trends – die Gesellschaft im Fokus

    Ipsos Global Trends ist die größte und umfassendste Trendstudie ihrer Art. Erfahren Sie mehr über die Gesellschaft, Märkte & Werte auf der Welt.
  • Für wie wahrscheinlich halten die Deutschen einen Krieg mit Russland? Laut einer Umfrage von Ipsos gehen 27 Prozent davon aus, dass es in den nächsten sechs Monaten zu militärischen Auseinandersetzungen kommen wird.

    Ein Viertel der Deutschen hält Krieg mit Russland für wahrscheinlich

    In den letzten Wochen wurden sowohl im NATO-Luftraum als auch über Deutschland vermehrt Drohnen unbekannter Herkunft gesichtet. Diese Entwicklung weckt Sorgen über eine mögliche kriegerische Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Russland. Laut einer aktuellen Ipsos-Umfrage halten 27 Prozent der Deutschen es für wahrscheinlich, dass es in den nächsten sechs Monaten zu einer mit Waffen ausgetragenen Auseinandersetzung kommt. 61 Prozent der Befragten halten ein solches Szenario hingegen für unwahrscheinlich.